Hans-Ulrich Treichel, geboren am 12. 8. 1952 in Versmold/Westfalen. Studierte Germanistik, Politologie und Philosophie an der Freien Universität Berlin; 1983 Promotion mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen; 1993 Habilitation. Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin (1985–1991), Lektor für deutsche Sprache an der Universität Salerno (1981/82) und der Scuola Normale Superiore in Pisa (1984/85). Seit 1995 Professor für Deutsche Literatur am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. Im Wintersemester 1999/2000 übernahm er die Frankfurter Poetik-Dozentur.
* 12. August 1952
von Thomas Schaefer
Essay
Die Schlagworte, die in den 1980er Jahren kursierten und die geistig-kulturellen Strömungen zu charakterisieren und einzuordnen versuchten – „Pluralismus“, „Neue Unübersichtlichkeit“, vor allem „Postmoderne“ –, häufig vage Begriffe, wurden in besonderem Maß für die Lyrik geltend gemacht. Nach der Proklamation des Todes der Lyrik in den 1960er Jahren, nach der Dominanz einer formabgewandten Lyrik in den 1970ern – sie stand unter dem Etikett der Gebrauchs- oder Verständigungslyrik und diente einer „Neuen Innerlichkeit“ sowie als Folie der politischen Resignation und der „Wende zum Ich“ –, finden sich für die 1980er Jahre keine dominierenden Trends, außer dem des „anything goes“.
Für diese Situation, die einerseits Orientierungslosigkeit, andererseits ein Höchstmaß an künstlerischer Freiheit bedeutete, hat die Lyrik des 1952 geborenen Hans-Ulrich Treichel geradezu ...